Als das Mittelalter in Europa mit seiner religiös-abergläubischen Vorstellung von Gesundheit und Krankheit zu Ende ging, entstanden drei Strömungen der medizinischen Wissenschaft:
Die Iatrochemie, die Iatrophysik (oder -mechanik) und der Vitalismus.
Iatrochemie
Anhänger der Iatrochemie (u.a. Paracelsus im 16. Jhdt.) beschäftigten sich mit dem Zusammenhang zwischen einem Medikament und einer Krankheit. Also einer chemischen Ursache von Erkrankungen und ihren entsprechenden Therapiemöglichkeiten.
Iatrophysik
Der Iatrophysik oder -mechanik lag eine physikalisch-mechanische Vorstellung von Lebensprozessen und Krankheit zugrunde, z.B. die Entdeckung des Herzens als eine Pumpe. Somit beschäftigten sich ihre Anhänger (u.a. René Descartes, Santorio Santorio) auch mit Möglichkeiten einer mechanischen Therapie.
Vitalismus
Der Vitalismus beschreibt die Existenz einer „Seele“ oder „Lebensenergie“ als Grundlage alles Lebendigen, u.a. schon durch Artistoteles („Das Ganze ist mehr als die Summer seiner Einzelteile“) oder im 19. Jhdt. Arthur Koestler („The ghost in the machine“).
Spätestens mit der "Keimtheorie" von Louis Pasteur (1878) in Paris, die besagt, dass es Erreger gibt, die Krankheiten übertragen und der daraus resultierenden Forschung an Infektionen, Hygiene und Impfungen, schwang sich die Iatrochemie zur bis heute dominierenden Vorstellung innerhalb der medizinischen Wissenschaften auf.
Etwa parallel dazu (1874) entwickelte der amerikanische Arzt Dr. Andrew Taylor Still in Kirksville, Missouri die Lehren der Osteopathie. Diese umfassten zwei grundlegende Erneuerungen und waren zu sehen als Weiterentwicklung der damals üblichen Medizin:
- Manuelle Techniken zur Anpassung und Korrektur des Organismus.
- Behandlungs-Philosophie: Anstatt - wie allgemein üblich - einen Erreger oder Auslöser zu bekämpfen, geht es in der Osteopathie um die Stärkung des „inneren Milieus“, also des Immunsystems und der körpereigenen Belastbarkeit - chemisch, mechanisch und psychisch.
Besonders dieser zweite Punkt unterscheidet die Osteopathie von den meisten medizinischen Disziplinen bis heute.
Museum of Osteopathic Medicine, A.T. Still University
Über die drei schottischen Brüder Littlejohn, die anfangs als Patienten und später als eine der ersten Schüler von Dr. Still die Anfangszeit der Osteopathie prägte, gelang die Osteopathie schließlich nach England, wo 1917 die "British School Of Osteopathy" gegründet wurde, die bis heute unter dem Namen "University College of Osteopathy" eine führende Rolle in der Ausbildung moderner Osteopathen spielt.
Kurz darauf etablierte sich die Osteopathie auch in Frankreich und Belgien, wo bis heute ein Zentrum der modernen Osteopathie in Europa liegt. Insbesondere die International Academy of Osteopathy (IAO) in Gent, Belgien, nimmt bei der Gestaltung der politischen Rahmenbedingungen und Erstellung moderner Ausbildungsstandards in Europa eine Vorreiterrolle ein.
Nach Deutschland kam die Osteopathie erst in den 1980er Jahren und erfährt seither eine zunehmende Ausbreitung und großer Nachfrage sowohl von Patienten als auch Fachpersonen, Ärzten und Therapeuten.
Mit weiter zunehmender Forschung und neuen Erkenntnissen, sowohl im spezifischen Bereich der Osteopathie als auch im allgemeinen medizinischen Wissen, wird die Osteopathie - basierend auf ihren Prinzipien - stetig weiter entwickelt.
Osteopathie ist laut Gesetz Heilkunde und ihre Ausübung in Deutschland Ärzten und Heilpraktikern vorbehalten.